TADEUSZ WOJNARSKI – 1947 - 59 SPANIEN. LEBENSKRISE, HOFFNUNG, FAMILIE UND ARMUT

1947 – 1949 Die ersten Jahre

1947

In Spanien hatte Tadeusz Wojnarski einen sehr schwierigen Start. Den Briefen1 aus dieser Zeit ist zu entnehmen, dass er ab Semesterbeginn April oder Mai ein Studium begann, jedoch nicht wie vorgesehen Malerei, sondern Architektur.

Aus einem Briefentwurf vom 21. Juni 1947 an seine Tante Rysia2 in London geht hervor, dass er tatsächlich studierte. Die eigenen Beschreibungen seiner seelischen Nöte zeigen ein dramatisches, düsteres Bild seines Innern in jener Zeit:

Aufschlussreich sind seine Beschreibungen seiner seelischen Nöte: „(…) und manchmal scheint es mir, dass die Last des Lebens unerträglich ist.Und weiter schreibt er: „Manchmal wünsche ich mir Frieden in trautem Familienheim, eine gute und liebte Frau und kundlichen Unfug, aber manchmal scheint es mir, dass weltliche Freuden nichts für mich sind, dass Gott sie mir absichtlich wegnimmt, dass alles Sinn macht.“ Er bereue zwar nicht all das während dem Krieg erlebte, aber „ich wünsche mir von Gott nur die Kraft, mich schliesslich selbst zu überwinden und ein Stein zu werden, der unempfindlich gegenüber meinem eigenen Schmerz ist, aber Verständnis für das Leiden anderer hat.“ Aus Briefen seines Freundes Maciek3, der wie viele Polen nach dem Krieg in England strandete, geht hervor, dass er zunehmend die Nähe von katholischen Priestern suchte und sich von der Gesellschaft abwandte.

Diese ihn quälenden pessimistischen Gedanken – gepaart mit religiösen Gefühlen – lassen sich auch in einigen Fragmenten seines Dramas Żołnierska komedia” („Soldatenkomödie“) erkennen und verstehen.

In dieser Zeit zeichnete er weiterhin Stadtansichten und Menschen – ganz wie in Italien. Er reiste viel (Toledo, Segovia, Ronda, Malaga). Vom 20.11. bis 7.12.1947 präsentierte er sogar im renomierten Museo del Arte Moderno in Madrid Zeichnungen aus Italien und Spanien (Download Ausstellungskatalog Madrid 1947).

1  Im Nachlass befindet sich eine Unmenge von Briefen aus der Zeit zwischen 1945 und 1965. Es ist – mit Ausnahme von zwei nicht weggeschickten erschütterten Briefentwürfen – alles Briefe von Familie und Freunden, die seine Briefe erwiedern und sich grosse Sorge machen.

2  Maria „Rysia“ Pielecka-Zerygiewicz, eigentlich nicht verwandt, aber die Familien waren seit Generationen in Polen eng befreundet. Möglicherweise hatte Wojnarski diesen Brief nie weggeschickt – vielleicht verarbeitete er seine ihn plagenden Gedanken, und es fiel ihm leichter, wenn er się an eine vertrauenswürdige Person richtete.

3  Aus diesen Briefen geht hervor, dass Maciek auch im 2 Polnischen Korps (Italien) diente, aber auch, dass er Wojnarskis Familie gut kannte und mit ihr Kontakt pflegte.

Madrid, Alcalá, 07.04.1947, Tusch, Papier. Erste bekannte Arbeit in Spanien. Publiziert im Ausstellungskatalog, Madrid 1947 , Original verschollen

Madrid Biblioteca National, 20.04.1947, zweite bekannte Arbeit, unbekannt wo publiziert, Original verschollen

Madrid, Colón, 23.04.1947. Tusch, Papier

Madrid, José Antonio, 16.10.1947. Tusch, Papier (es blieb nur diese Fotografie, Original verschollen)

Ronda, 18.10.1947. Tusch, Papier (es blieb nur diese Fotografie, Original verschollen)

Portrait eines Mannes, 1947. Tusch, Papier

Portrait eines Mannes, 1947. Tusch, Papier

Portrait eines Mannes, 1947. Tusch, Papier

Menschenstudien, ca. 1947-48. Tusch, Papier

In dieser Zeit zeichnete er viele Menschenstudien, hauptsächlich mit Tuzche.

Menschenstudien, ca. 1947-48. Tusch, Papier

In dieser Zeit zeichnete er viele Menschenstudien, hauptsächlich mit Tuzche.

1948

Irgendwann Mitte März 1948 unterbrach Wojnarski das Architekturstudium, um definitiv Malerei zu studieren1. Dies löste bei der Mutter sowie weiteren Verwandten und Freunden in Polen und England grosse Sorgen aus, denn sie fanden den Beruf des Architekten solider. Wojnarski zeichnete und reiste weiter. In Salamanca entstand am 26. März eine Serie der Karfreitagsprozession.

1  Brief von Maciek, Mai 1948

Madrid, Calle del Carmen, um 1947-48, Rötel, Papier

Diese Technik wandte Tadeusz Wojnarski sehr selten an

Málaga, Katedrale, 7.2.1948. Tusch, Papier

Málaga, Alcazaba, 9.2.1948. Tusch, Papier

Hafen, ohne Angabe von Ort und Datum. Tusch, Papier

Málaga, 1948?, oder Mallorca 1951?

Avila, Puerta Alcázarm 23.3.1948. Tusch, Papier

Salamanca, Gässchen, 24.3.1948. Tusch, Papier

Salamanca, Karfreitagsprozession 26.3.1948.  Tusch, Papier

Von diesem Ereignis erstellte Tadeusz Wojnarski mehrere Skizzen.

Salamanca, Karfreitagsprozession 26.3.1948.  Tusch, Papier

Salamanca, Karfreitagsprozession 26.3.1948.  Tusch, Papier

Salamanca, Karfreitagsprozession 26.3.1948.  Tusch, Papier

Salamanca, Plaza Iglesias, 27.3.48. Tusch, Papier. Letzte Zeichnung 1948.

Diese düstere Prozession könnte der letzte Auslöser gewesen sein, dass Wojnarski kurz darauf in die katholische Institution „Cristo Rey“ eintrat. Er wollte Mönch werden. Gut möglich ist, dass er etwa in dieser Zeit die Verlobung der Tochter von „Tante“ Rysia im entfernten London erfuhr. Denn in seinen Wünschen, eine Familie zu gründen, war die um sieben Jahre jüngere „Dzitka“ die Wunschkandidatin. Nicht zu vergessen ist, dass sein Gemütszustand mit dem Verlust seiner Heimat auch ein Faktor war. So suchte er Seelenfrieden bei Gott.

Am 7. April schrieb er seiner Mutter, er sei in eine religiöse Gemeinschaft eingetreten. Für sie, seine weitere Familie sowie seine Freunde in Polen und England war dieser Entscheid überraschend. Sie versuchten ihn dazu zu überreden, aus dieser klosterähnlichen Institution auszutreten. In seinem Brief vom Mai 1948 schrieb Maciek, er könne als Laie viel besser Gott dienen. Und von einem freiwillig eingesperrtem Mönchsleben habe Jesus nie gesprochen. Ähnlich argumentierte der Vater von Tadeusz Malinowski, seinem Freund aus dem Zweiten Polnischen Korps, mit dem er nach Spanien gegangen war und nun mit ihm das gleiche tat.

Ab April 1948 begann eine Schaffenspause. Ein gutes halbes Jahr später trat er aus der Institution „Cristo Rey“ aus. Der Novizenmeister habe ihm empfohlen, weltlich zu bleiben und eine Familie zu gründen. Er könne so Gott ebenso gut dienen. Einem Brief eines padre Jorge von „Cristo Rey“ vom 17.12.1948 ist zu entnehmen, dass Wojnarski vermutlich kurz vorher die Institution verlassen hat. Der Padre schrieb ihm tröstende Worte und Gottes Segen.

1949

Die Briefe von Freund Maciek aus England zeugen von Wojnarskis Stimmung zu dieser Zeit: «(…) du hast keine Ahnung, wie viel Freude mir dein Brief bereitet hat. Ich bin sehr froh, dass es so gekommen ist, wie es gekommen ist. Du selbst schreibst, dass Mutter jetzt ruhig ist und Du dich besser fühlst. Alles wird OK sein.» 1 Aber nur drei Wochen später relativiert er: «Es gibt nur eine Sache, die mich beunruhigt – der Ton Deines Briefes. Du selbst schreibst n’mlich, dass Du die ganze Zeit mit einem traurigen Gesicht herumläufst. So geht das nicht, Tadzik.»2 Neben seines Gefühls des Versagens betreffend dem nicht gelungenen Klostereintritt ist es der ihn immer noch plagende Verlustschmerz seiner Angebetenen. Diese Gefühle beschreibt er in einem nicht weggeschickten Brief vom Juni 1949 an „Tante“ Rysia, der Mutter seiner nicht erwiderten Liebschaft.

Frühling 1949: Beginn des Kunststudiums an der «Escuela Central de Bellas Artes de San Fernando» in Madrid

Erste Zeichnungen nach dieser Schaffenspause sind von Anfang April 1949 belegt. In dieser Zeit trat er der renommierten Akademie der Schönen Künste «Escuela Central de Bellas Artes de San Fernando» ein und reiste zeichnend durch Spanien (Saragossa, Toledo, Valladolid). Er erstellte eine Reihe von Selbstportraits, die im Gegensatz früheren steif und unfrei wirken. Es sind Übungen in engem akademischen Korsett. In diese Zeit einzuordnen sind Radierungen, vermutlich als erste Vorlage diente eines dieser Selbstportraits, eine nicht ganz gelungene Übung. Besser wurden Radierungen, die er von früheren in Italien und Spanien erstellten Zeichnungen angefertigte. Erstmals versuchte er sich an der schwierigen Malerei mit Oel. Es waren kleine Übungsbilder auf Karton, später auch auf Leinwand. Bemerkenswert ist ein dunkel gehaltenes und vielleicht von Francisco Goya inspiriertes Oelbild mit Totenkopf und Buch. Schnell verbesserte er die Technik. In diesem Jahr erstellte er im Museo del Prado in Madrid die erste Kopie eines Meisters, es war „El Niño de Vallecas“ von Diego Velázquez und trägt auf der Rückseite neben seiner Signatur das Datum 1949. Indem er sorgfältig jeden einzelnen Pinselstrich studierte und ihn präzies auf seine Leinwand übertrug, lernte er viel von der Technik des Meisters. Bezeichnend auch hier ist, dass es ein düsteres Bild ist. Aber es ist bereits ein sehr gutes Werk, besser als von manchen professionellen Kopisten.

1  Brief von Maciek, 30.1.1949

2  Brief von Maciek, 21.2.1949

Toledo, Un rincón – Gässchen, 29.6.1949. Tusch, Papier

Toledo, Plaza de Zocodover, 29.6.1949. Tusch, Papier

Toledo, Santiago Del Arrabal, 29.6.1949. Tusch, Papier

Toledo, 29.6.1949. Tusch, Papier

Valladolid, Fuente Dorada, 16.7.1949. Tusch, Papier

Valladolid Iglesia del Salvador 17.7.1949. Tusch, Papier

Valladolid, Calle Gen. Mola 18.07.1949. Tusch, Papier

Valladolid Iglesia del San Benito 19.7.1949. Tusch, Papier

Madrid, Plaza Alfonso Martinez, 3.8.1949. Tusch, Papier

Madrid, Königspalast, 5.8.1949. Tusch, Papier

Madrid, José Antonio, Radierung, 1949/50

Die Tuschzeichnung entstand am 16.10.1947

Salamanca, Radierung, 1949/50

Madrid, Alcalá, Radierung, 1949/50

Die Tuschzeichnung entstand am 7.4.1947

Fuenterrabía, Radierung, 1949/50

Die Tuschzeichnung entstand am 31.10.1949

Selbstportrait, Bleistift, Papier, 1949

Selbstportrait, Bleistift, Papier, 1949

Selbstportrait, Bleistift, Papier, 1949

Selbstportrait, Radierung, papier, 1949/50

Stilleben mit Äpfeln, 1949, Oel auf Karton

Stilleben mit Vase und Blechbüchse OXO, 1949, Oel auf Karton

Stilleben mit Krug, um 1949, Oel auf Karton

Portrait eines jungen Mannes, um 1949, Oel auf Karton

Portrait einer jungen Frau, um 1949, Oel auf Karton

Spanische Stadtansicht, 1949 , Oel auf Karton. Interessant: gemalt mit Spachtel

Spanische Stadtansicht, 1949 , Oel auf Karton. Interessant: gemalt mit Spachtel

Kopie: Tadeusz Wojnarski nach dem Original des spanischen Malers Diego Velázquez: „El Niño de Vallecas“, Prado, Oel auf Leinwand, Prado 1949, Madrid

Stilleben mit Schädel, um 1949, Oel auf Leinwand

Ende August bis 3. Oktober 1949: Erste Reise in die Schweiz

In diesem Jahr nahm Wojnarski mit der Familie Zawadyński in Zürich Kontakt auf. Diese und die Wojnarskis waren weit entfernt verwandt. Sophie Zawadyńska-Rothenflue war, nachdem sie 1928 verwittwet war, 1937 von Polen au in die Schweiz eingereist. Tadeusz Wojnarski wurde eingeladen, so unternahm er in der zweiten Hälfte August 1949 seine erste Reise in die Schweiz.

Zürich, St. Jakob, 25.8.1949. Tusch auf Papier

Bern, Bundeshaus, 4.9.1949. Tusch auf Papier

Bern, Metzgergasse, 4.9.1949. Tusch auf Papier

Bern, Kindlifresserbrunnen, 4.9.1949. Tusch auf Papier

Luzern, Reuss 7.9.1949. Tusch auf Papier

Luzern, Rathaus und Reuss 7.9.1949. Tusch auf Papier

Basel, Rheinbrücke 26.9.1949. Tusch auf Papier

Unterwegs besuchte er den Wallfahrtsort Lourdes, es entstand eine Tuschzeichnung (15.8.1949). Zeitpunkt und Dauer des Besuchs in der Schweiz lässt sich aus seinen datierten Bildern und Skizzen rekonstruieren. Das erste Bild entstand am 25. August und das letzte am 1. Oktober 1949. Dokumentiert sind 15 Zeichnungen und Skizzen, alle in Tusche auf Papier.

Sophie Zawadyńska-Rothenflue hatte vier Kinder, zwei Sohne und zwei Töchter. Die jüngste war Ewa Zawadyńska. Er portraitierte sie zweimal in Oel. Das erste ist – bedingt durch die für ihn immer noch neue Technik noch etwas unbeholfen, das zweite gelingt ansehnlich. Es ist freier, feiner, detailreicher und in sichtbar helleren und freundlicheren Tönen gehalten. Zur gleichen Zeit fertigte er ein Porträt von Lorenz Zawadyński, Evas Bruder, an. Es sind die ersten datierten Ölbilder.

Ewa Zawadyńska (?), 9.1949. Oel auf Leinwand

Ewa Zawadyńska, 9.1949. Oel auf Leinwand

Lorenz Zawadyński, Bruder von Ewa Zawadyńska 9.1949. Oel auf Leinwand

Nach einem Monat in der Schweiz reiste Tadeusz Wojnarski noch nach London, um dort nach dem Krieg gestrandene polnischen Freunde zu besuchen. Am 3. und 4. Oktober schuf er zwei Tuschzeichnungen und kehrt bald nach Madrid zurück.

Diese Reise sollte zu einem absoluten Wendepunkt im Leben von Tadeusz Wojnarski werden. Die Begegnung mit Ewa Zawadyńska führte zu einer immer engeren Freundschaft. Nach Wojnarski’s Rückkehr nach Madrid begannen sie sich gegenseitig Briefe zu schreiben. Die Briefe von Tadeusz Wojnarski sind verschollen, aber den Briefen von Ewa Zawadyńska kann man entnehmen, wie sie mit mehr und mehr Liebe geschrieben sind.

Bern, Zeitglockenturm, 1.10.1949. Tusch auf Papier

Druck aus der Kunstmappe «Cuadernos de arte III», Revista Universitaria ALCALA, 1953, Madrid

Calais, Rathausturm. 28.09.1949. Tusch auf Papier

Widerspruch in den Daten der Zeichnungen Bern und Calais.

London, Westminster, Turm. 3.10.1949. Tusch auf Papier

London, Nelson-Denkmal 4.10.1949. Tusch auf Papier

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