Autor: Tadeusz Wojnarski jun.
Diese Zeit in Italien zählt zu den schöpferischsten Schaffensperioden meines Vaters. Im Familienarchiv sind über 190 Werke erhalten geblieben, darunter viele undatierte und unsignierte Skizzen. Aussergewöhnlich und deshalb erwähnenswert sind zwei in zarten Pastelltönen gemalte Aquarellen mit Ansichten des Forum Romanum („Basilica di Massenzio”, 30.3.1946 – Abb. 120 und „Templo de Cástor y Pólux en el Foro Romano”, 3.4.1946 – Abb. 121). Es sind für lange Zeit seine letzten Aquarellen. Ab März begann Vater vermehrt mit Tusche zu zeichnen. Die ersten drei nachgewiesenen Tuschzeichnungen von Stadtansichten entstanden Ende März 1946 in Rom (Abb. 116, 117). Wahrscheinlich benutzte er bereits die Technik, die er von seinem Freund Aleksander Werner gelernt hatte.
Die erste Reise in der Studienzeit führte ihn in der ersten Hälfte April nach Mailand. Es war so etwas wie eine Dienstreise. Mein Vater schrieb dazu in seinen Erinnerungen:
Das Studium kostete uns nichts, aber wir mussten die Materialien selbst kaufen. Und diese waren ziemlich teuer. Unser Professor hatte die Idee, die Farben «en gros» direkt in einer Fabrik in Mailand zu kaufen. Zu diesem Zweck war es notwendig, nach Mailand zu fahren, also begab ich mich dorthin, ich weiss nicht mehr, ob allein oder mit einem Kollegen. Die Reise mit dem Zug kostete uns nichts, und die Farben kalkulierten sich auf diese Weise wirklich billig. Aber es waren nicht so sehr die Farben, die mich interessierten, sondern diese grosse und interessante Stadt kennen zu lernen, vor allem einige ihrer besonders schönen Kirchen und eine Reihe von Museen. Das war der Beginn meiner Reisen durch Italien!1
Die zweite kleine Reise führte ihn Ende April, vermutlich während dem Osterurlaub, in Richtung Adriaküste ins etwa 200 km entfernte Ascoli Piceno. Vater’s Regiment war im Herbst und Winter 1945 in der Nähe einquartiert. Da er damals kein Bild gemalt hatte, wollte er die Stadt wahrscheinlich wieder besuchen. Auffallend ist, wie er seine Ausdrucksweise in der für ihn neuen Tuschtechnik immer mehr verbesserte (Abb. 124, 125, 126). Zurück in Rom entstanden weitere Zeichnungen (Abb. 127, 128, 129, 130, 131, 132).
Bereits Mitte Juni begannen die langen Sommerferien. Das war für Vater und seine Künstlerkollegen eine intensive und schöpferische Zeit, die sie mit Begeisterung ausgiebig für ausgedehnte Reisen durch dieses – wie er immer wieder betonte – „wunderschöne Land“ nutzten. Für solche Reisen brauchte es einen Passierschein, damit waren auch die öffentlichen Verkehrsmittel und die Unterkünfte gratis. Dieser Passierschein musste durch den Kommandanten des Studentenlagers ausgestellt werden:
Ich hatte mich oft bei Major Tomaszewski, dem Kommandanten des Studentenlagers, gemeldet, und ihn um einen Passierschein gebeten. – «Der Herr Leutnant will wieder irgendwohin…» – « Major, das ist mein Studium.» – «Ja ja. Wohin diesmal?» Der Major machte keine Schwierigkeiten, denn das war die Realität der Kunststudenten. Und so reiste ich durch Italien, manchmal alleine, manchmal mit anderen Kollegen.2
Die Spuren seines Schaffens deuten darauf hin, dass Vater bis in die zweite Hälfte August drei intensive Reisen unternahm, mit kurzen Zwischenaufenthalten in Rom. Die ersten drei Wochen reiste er mit Alek und einem weiteren Kollegen – von Neapel nach Sorrento, Ausflug mit dem Schiff nach Capri, dann weiter von Sorrento nach Massa Lubrenze, Amalfi, Ravello und schließlich zurück nach Neapel. Von dieser Reise hinterliess er viele kreative Spuren, Beispiele davon sind die Zeichnungen (Abb. 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139, 140):
Natürlich lohnte es sich, unterwegs in den vielen Ortschaften an der Küste Halt zu machen. Die Hitze wurde unerträglich, aber das hielt uns nicht von unseren Unternehmungen ab. Tinte und Feder wurden meine unentbehrlichen Begleiter. Dazu eine kleine Kartonmappe mit viel Zeichnungspapier..
Vermutlich für eine sehr kurze Zeit kehrte er Anfang Juli nach Rom zurück, um sich gleich in den Norden zu begeben. Darüber schrieb mein Vater nichts mehr, hinterliess aber andere Spuren: einen Riesenschatz an Skizzen und Zeichnungen.
Das erste Werk dieser Reise zeigt die frühchristliche Basilika Sant’Apollinare Nuovo in Ravenna (Abb. 141 – 13.8.1946). Am nächsten Tag zeichnete er in Forli die romanische Abteikirche San Mercuriale (Abb. 142). Oberhalb von Forli, im Emilianischen Apennin, kämpfte der Polnische Korps knapp zwei Jahre zuvor erbittert gegen die deutsche Wehrmacht, um den Alliierten Truppen die Einnahme dieser strategisch wichtigen Stadt zu ermöglichen. Bereits am 15. Juli war Vater in Venedig, dem eigentlichen Ziel dieser Reise. Das belegt die Zeichnung mit dem Markusplatz (Abb. 143). In dieser Stadt erstellte er, neben vielen Zeichnungen, zahlreiche rasch angefertigte Skizzen von Gebäuden (Abb. 145, 146) und Menschen. Datiert sind nur deren zwei (Abb. 147, 148). An dieser Stelle füge ich weitere Menschenstudien hinzu (Abb. 149, 150, 151, 154, 155, 156, 157). Es ist unmöglich festzustellen, wo sie entstanden sind, aber mit Sicherheit 1946 irgendwo in Italien. Beachtenswert sind sie alleweil. Wie zufällig sind junge und alte Menschen, Soldaten und Kriegsinvalide, Kinder und Pärchen platziert. Die Skizzen der Badenden am Strand sind wahrscheinlich am venezianischen Lido entstanden (Abb. 152, 153), wo er bereits ein Jahr zuvor weilte. Der Aufenthalt dauerte mindestens bis am 20. Juli (Torre dell’orologio – Abb. 144) – am 22. Juli war Vater bereits in Mailand (San Lorenzo – Abb. 158). Am folgenden Tag zeichnete er den den Hauptbahnhof (Abb. 159)nd den Mailänder Dom. Die Zeichnung wurde an seiner ersten Ausstellung in Madrid gezeigt (Dibujos de TW, Madrid 1947), oryginał zniknął. Zachowała się akwaforta (2 odbitki), prawdopodobnie wykonana w Hiszpanii (Abb. 160). Aus unbekanntem Gründen kehrte Vater nach Venedig zurück, wie es zwei Zeichnungen belegen (Canale Grande – 26.7.1946 – Abb. 161), und am 31. Juli war er wieder in Rom (Piazza Esedra – Abb. 162).
Doch schnell zog es ihn weiter, schon am 4. August zeichnete er in Florenz den Ponte Vecchio (Abb. 163). Hier blieb er bis am 14. August (Abb. 169) und unternahm Tagesausflüge nach Fiesole (Abb. 164, 165, 166, 167), Pizy i Lucca (Abb. 168). Besonders das malerische Fiesole nahe von Florenz wirkte auf seine Sinne, es entstanden wunderschöne rasch und temperamentvoll hingeschmissene Skizzen, darunter auch Menschenstudien. Über Assisi (San Francesco – 16.8.1946 – Abb. 170) und Perugia kehrte er nach Rom zurück.
Fussnoten
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