TADEUSZ WOJNARSKI - AUS DEM GULAG NACH ITALIEN

An der italienischen Front

       Autor: Tadeusz Wojnarski jun.

Als das scheinbar Unmögliche gelang und aus Tausenden von abgemagerten Gestalten eine schlagkräftige und unerschrockene Kampftruppe entstand – das 2. Polnische Korps – wurde beschlossen, sie an der italienischen Front einzusetzen. Um die Jahreswende 1943 und 1944 wurden die polnischen Soldaten nach Süditalien transportiert (der wichtigste Hafen war Tarent), wo sie Teil der britischen 8. Armee wurden.1 Tadeusz Wojnarski fand sich wegen dem Maturitätsabschluss erst Anfang März 1944 auf der Apenninhalbinsel ein. Als er in Italien eintraf, war seine Division bereits an der Front am Sangro-Fluss stationiert. So strandete er im Transitlager der 7. Reserve Division bei San Basilio. In dieser Reserveeinheit befanden sich Veteranen, Alkoholiker und Kriminelle – alle für den Kampf ungeeignet. Die jungen Neuankömmlinge wurden von ihnen wie Rekruten behandelt und schikaniert. Zudem ertrugen sie die Untätigkeit nicht. Mein Vater und fünf Kollegen aus dem gleichen Regiment beschlossen deshalb, zu den „Ihren” zu gelangen. In einer Märznacht bestiegen sie heimlich einen Nachschub-Lastwagen, der an die Front fuhr, und erreichten so die Militärbasis Campobasso. Von dort aus gelangten sie zu ihrem 2. Karpatischen Regiment leichter Artillerie am Sangro. Die Kollegen freuten sich über ihre Rückkehr, genau wie der Oberst, dem sie Bericht erstatten mussten. Mein Vater erinnerte sich:

Er machte ein zorniges Gesicht, aber man konnte ihm ansehen, dass er eigentlich sehr zufrieden war: Ein Soldat, der zur Einheit zurückkehrt, ist eine Freude für einen Kommandanten. […] Und im Büro der 7. Division wurde protokolliert: „Desertion an die Front“.2

Die Aktivitäten auf dem ab Januar 1944 dem Polnischen Korps zugewiesenen Frontabschnitt am Fluss Sangro waren nicht beschwerlich. Aber bald wurde ihm die wohl schwierigste Aufgabe übertragen – nämlich die Teilnahme an der Bezwingung der stärksten und mächtigsten deutschen Befestigungslinie: die Gustav-Linie. Sie blockierte den Weg nach Rom und weiter in die Tiefe Italiens. Bereits seit Januar 1944 versuchten die alliierten Truppen erfolglos, diese deutsche Verteidigungslinie zu durchbrechen. Den Polen, die noch kaum kampferfahren waren, sollten das Monte-Cassino-Massiv erobern, und zwar die stärkste Schlüsselposition der Gustav-Linie. Mitte April begann die Verschiebung der Einheiten des 2. Korps auf die neuen Positionen.3 Unterwegs – in Civitanova del Sannio (70 km vor Cassino) – malte Vater sein erstes Aquarell in Italien (Abb. 23). Gleichzeitig ist es die erste Landschaft, die ich kenne, die aus seiner Hand kam. Es trägt das Datum 17. April 1944.

Wenige Tage später, am 22. April 1944, begann das 2. Polnische Korps mit der Installation von Geschützen und Unterkünften und bereitete sich auf den Angriff auf den Monte Cassino vor. Am felsigen Berghang über dem Rapido-Tal, den die Polen „Widmo“ (Gespenst) nannten, baute die deutsche Wehrmacht massive Festungen. Das 2. Karpatische Regiment leichter Artillerie, in dem Vater diente, installierte seine Geschütze mit einer Zieldistanz von 6-8 km auf der gegenüberliegenden Talseite. In seinen Memoiren schrieb er, dass sich seine Artilleriestellung in der Nähe des kleinen Ortes San Michele befand (Abb. 24).4

Am 11. Mai 1944 um 23.00 Uhr eröffneten alle alliierten Geschütze, einschliesslich die des 2. Polnischen Korps, das Feuer auf die Positionen der deutschen Wehrmacht:

Die beispiellose Kanonade dauerte mehrere Stunden ohne Pause. Erst am Morgen, als die Infanterie mit dem Angriff beginnen sollte, wurde das Trommelfeuer unterbrochen. Was nicht bedeutet, dass wir zu schiessen aufhörten. Jetzt begann erst die wichtigste Aufgabe für uns: die Unterstützung der Kameraden dort oben. Derjenigen, die ihr Leben riskieren, die massakriert oder für den Rest ihres Lebens verstümmelt werden könnten. Wir machten Lärm, dort starben Menschen, die der Infanterie zugeteilt waren, die notwendigste, die ehrenwerteste Waffengattung, aber die härteste für diejenigen, die sich darin befanden.5

Aufgrund des starken Widerstandes der Wehrmacht, die den Polen sehr schwere Verluste zufügte, befahl General Anders am nächsten Tag den Angriff einzustellen. Die zweite Angriffswelle fand am frühen Morgen des 17. Mai 1944 statt. Einen Tag später, nach wiederholten Angriffen und schweren Verlusten, gelang es den Polen, die Gebirgskette des Monte Cassino mit dem Kloster zu besetzen.

Nach einer zweiwöchigen Ruhepause in Campobasso, erhielt das 2. Korps Mitte Juni 1944 den nächsten Auftrag. Dieser bestand darin, die deutschen Truppen längst der Adriaküste gegen Norden zu jagen und raschmöglichst den strategisch wichtigen Seehafen und die Stadt Ancona einzunehmen.6 Die deutsche Wehrmacht zog sich anfänglich kampflos zurück, nicht ohne hinter sich Strassen und Brücken zu zerstören und Minen zu legen. Die ersten Einheiten des 2. Korps erreichten am 22. Juni 1944 den Fluss Chienti (die deutsche Wehrmacht stoppte auf der anderen Seite ihren Rückzug). In den folgenden Tagen fanden in einem der nahegelegenen Häuser Besprechungen des Generals mit seinen Kommandanten des 2. Polnischen Korps statt.

Am 22. Juni entwickelt der Stab des 2. Polnischen Korps die «Ancona-Aktionsrichtlinien». Die Besetzung der Stadt sollte in zwei Phasen erfolgen (…) In den folgenden Tagen beriet sich General Anders mit den Kommandeuren der Truppen des 2. Korps.7

Es ist davon auszugehen, dass solche Beratungen des obersten Armeekaders nicht in unmittelbarer Nähe der Frontlinie, sondern in einem gewissen Sicherheitsabstand stattfanden. Dort, wo auch die Artillerie stationiert war, die ihrerseits sie Sicherung des Objekts übernahm. So bekam mein Vater die Gelegenheit, dieses historische Gebäude auf seiner Aquarelle vom 23. Juni 1944 detailreich festzuhalten (Abb. 25). Diesen für den weiteren Kriegsverlauf wichtigen Verhandlungsort habe ich bisher in keiner historischen Quelle gefunden. Als die polnische Armee am 30. Juni den Fluss überquerte, hielt mein Vater auf Papier ein weiteres Beispiel ländlicher italienischer Architektur fest (Abb. 26) – offensichtlich in Eile als Aquarellskizze gemalt.

Als sich die Front Ancona näherte, nahm der deutsche Widerstand zu. Doch die polnischen Truppen besetzten sukzessiv weitere italienische Städte: Loreto, Recanati, Osimo, Castelfidardo und den Hügel von San Pietra. Die Einnahme von Ancona am 18. Juli 1944 krönte die Verfolgungskämpfe. Dieser Sieg, der den Deutschen grosse Verluste zufügte, verbesserte den alliierten Streitkräften in dieser Region erheblich den Nachschub von Waffen und anderem Kriegsmaterial und war für den weiteren Kriegsverlauf von grossem Nutzen.

Es ist interessant, dass sich mein Vater seit Beginn der Kämpfe an der italienischen Front kaum von seinem Malzubehör trennte. Er zeichnete und malte oft (hauptsächlich in der schwierigen Technik der Aquarelle). Möglichkeiten dazu gaben ihm Ruhepausen zwischen den Fronteinsätzen, aber er schuf auch während der Kämpfe (drei Tage vor der Befreiung von Ancona zeichnete er zum Beispiel ein schönes Porträt eines unbekannten Mädchens mit Äpfeln, Abb. 29). Eine Rolle spielte dabei auch, dass der Dienst in der Artillerie viel leichter und ruhiger ist als in der Infanterie, die immer in Feindesnähe kämpft.

Es ist auch bemerkenswert, dass die Arbeiten, die mein Vater während dem gesamten italienischen Feldzug schuf, thematisch nur in geringem Mass mit dem Krieg zusammenhängen. Die Gründe dafür dürften verschieden gewesen sein: seine Psyche im Gleichgewicht zu halten und damit Alpträume zu vermeiden, aber auch, um auf Papier zu bringen, was er sah. Jedenfalls gefielen dem jungen Wojnarski die Ansichten von Dörfern und Städten, Meer- und Berglandschaften. Zudem portraitierte er gerne, insbesondere seine Freunde und Militärkollegen (bis zum Ende des Krieges waren es mehr als 40). Und sie posierten gern als Modell. Das erste Soldatenporträt, das mein Vater auf italienischem Boden malte, trägt das Datum vom 17. Juli 1944 (Abb. 30). Aufgrund der grossen Ähnlichkeit dürfte es ein Selbstporträt sein.

Nach der Übernahme von Ancona und einer kurzen Rast setzte das 2. Korps seine Verfolgungsjagd fort, zunächst an der äusserst blutigen Schlacht am Metauro-Fluss (der deutsche Widerstand konnte am 29. August 1944 durchbrochen werden), dann bis Anfang September Teilnahme an der ersten Phase des Durchbruchs der Gotenlinie, einem deutschen Befestigungssystem, welches in Mittelitalien errichtet wurde, um die Po-Ebene von Süden her gegen Angriffe zu schützen. Nach dieser Überwindung wurden die polnischen Soldaten zur Erholung und Kompensation der Verluste von den Kämpfen zurückgezogen.8 Seit Verlassen von Ancona bis zur Kampfpause nach dem Durchbruch der Gotenlinie (2. September 1944) schuf mein Vater unter anderem an der Adria zwei ungewöhnlich stimmungsvolle Ansichten, die vom italienischen Meer und Himmel dominiert werden (Abb. 31, 32), zudem mehrere Soldatenportraits (Abb. 33, 34, 35, 36, 37).

Nach der Ruhepause wurde das 2. Polnische Korps im Oktober 1944 ins Appennino Emiliano verlegt, in ein extrem schwieriges Terrain, wo es bis Mitte Dezember zu schweren Kämpfen kam: gebirgig, von tiefen und schmalen Schluchten durchzogen und miserable Strassen. Zudem erschwerte das miserable Herbstwetter die militärischen Aktionen. Selbst unter diesen Bedingungen malte Tadeusz Wojnarski (Abb. 38, 39, 40, 41). Das zweite Korps, welches wesentlich zur Eroberung der Stadt Forli mit den umliegenden Hügeln, sowie Faenza, beitrug, richtete sich mit den alliierten Truppen bis April 1945 zur Winterpause am Fluss Senio ein. Diesmal war es eine lange Unterbrechung der Operationen, aber aufgrund ungünstiger klimatischer Bedingungen und grosser Verluste an Mensch und Material unerlässlich.

Das wichtigste Ereignis in meiner damaligen militärischen „Karriere“ war, dass mir – ohne mich zum Offizier zu befördern – die Offiziersfunktion anvertraut wurde. An zwei Beförderungsrunden des Regimentes stand ich auf der Liste. […] Ich musste warten. „Schuld“ war Leutnant Wróblewski, ein älterer Kollege. Für ihn gab es in den Feuerbatterien keine Funktion, so wurde er vom Regimentskommandanten zum Ausbildungsoffizier ernannt. Dieser „Zeflik“ – Josef auf Schlesisch – gründete eine Regimentschronik und bot mir an, diese zu illustrieren. Ich für meinen Teil tat das, was ich am besten konnte: Karikaturen von Offizieren. Weil ich den Oberst [Tadeusz Link – Anm. TW. jun.], von dem nicht einmal eine Karikatur gemacht werden musste, nicht verschonte, nur zeichnete, wie er aussah, revanchierte er sich an den Beförderungen: – «Oh, ist das dieser Maler? Der kann warten.» So wartete ich zwei Beförderungsrunden. Stattdessen bekam ich die Offiziersfunktion. Auf den Offiziersstern durfte ich warten.9

Diesen Stern bekam er schliesslich, kurz vor dem Angriff auf Bologna – vor der letzten Offensive des 2. Korps im Italienfeldzug.

Ein weiteres, vielleicht nicht so wichtiges, aber amüsantes Ereignis in dieser Zeit war ein Auftrag, eine reguläre italienische Freiwilligenabteilung zu unterstützen, „im Rahmen unserer Batterie, also bescheiden“, wie er sich erinnerte:

Ich wurde mit der Leitung dieser Aufgabe betraut. Mit zwei Funkern besuchte ich unsere italienischen Freunde. Sie hatten sich bequem in einem italienischen Haus eingerichtet, wir bekamen ein Zimmer zur Verfügung, wenn es als Zimmer bezeichnet werden konnte. Es befand sich im ersten Stock. Eine Treppe, eigentlich eine Leiter, führte hinauf. Auch wir richteten uns ein so gut es ging und warteten auf Anweisungen. Nichts passierte, aber ein Lärm von unten begann uns zu beunruhigen. Prügelten sie sich? Ich prüfte, ob ich meine Pistole dabei hatte und öffnete die Tür nach unten einen Spalt weit auf. Da war eine grosse Küche mit einem typisch italienischen Kamin, in dem ein riesiger Kessel hing. In der Mitte stand ein gewaltiger Tisch, die italienische Armee sass um ihn herum und stritt sich nicht einmal. Beim Sprechen gestikulierten sie mit ihren Händen, aber von einer Prügelei war nicht die Rede. Was für uns ein verdächtiger Lärm war, war für sie ein gewöhnliches Gespräch. Als sie mich erblickten, luden sie mich nach unten ein, um den Inhalt des Kessels zu verspeisen, eine sehr leckere Minestrone. Die Funker riefen sie auch herbei, aber über die Kriegsführung wurde nicht gesprochen. So endete die Unterstützung unserer Artillerie für das italienische Bataillon.10

Dieses Ereignis hielt mein Vater am 11. Januar 1945 in einer Aquarellskizze fest, auf der Rückseite schrieb er: Am italienischen Kamin (Abb. 43). Erwähnenswert ist, dass u.a. noch eine Landschaft eines Tales im Apennin (Lamone-Tal?) mit Blick auf ein Eisenbahnviadukt (Abb. 44) sowie viele Portraits (Abb. 46, 47, 48, 49) und ein Selbstporträt (Abb. 45) entstanden sind.

Zurück zum Thema Kriegsaktivitäten an der Front: Trotz zunehmendem Gefühl, dass „die Deutschen geschlagen werden“, wuchs in den Herzen der polnischen Soldaten die Befürchtung, dass die Hoffnung auf eine Rückkehr nach Hause in ein freies Polen unerfüllt bleiben dürfte. Gründe dazu gab es viele. Neben der Niederlage des Warschauer Aufstandes11 weckte der voraussehbare „Sieg der Bolschewiki“ in Polen bei den Soldaten Bangen, Zweifel und Hoffnungslosigkeit. Sie verloren sogar den Glauben an den Sinn des weiteren Kampfes. Denn bereits im Juli 1944 marschierte die Rote Armee in die Region Lublin ein und stiess weiter gegen Westen vor, indem sie polnische Gebiete „befreite“. Mein Vater, wie die meisten Soldaten des 2. Korps, welche die Sowjetunion von innen kannten, fühlte, dass dies eine „tödliche Gefahr für Polen“ bedeutete.12

Im Februar 1945 bestätigten sich die schwärzesten Befürchtungen der Polen. An der Konferenz von Jalta beschlossen die Grossen Drei der Anti-Hitler-Koalition, US-Präsident Franklin Delano Roosevelt, der britische Premierminister Winston Churchill und der Vorsitzende der UdSSR Josef Stalin, fast die Hälfte des polnischen Vorkriegsgebiets an die Sowjetunion abzutreten und anerkannten die kommunistische Regierung Polens.

Nach der Veröffentlichung der Vereinbarungen von Jalta herrschte unter den Soldaten tiefste Verzweiflung, sie fühlten sich betrogen und verraten. Loyal und voller Hingabe, Schulter an Schulter mit den alliierten Armeen kämpfend – vor allem mit den britischen – erwarteten sie von Winston Churchill ein stärkeres Engagement bei der Vertretung der polnischen Sache an dieser internationalen Konferenz. Bei seinem Treffen mit General Anders, der ihm Vorwürfe machte und darauf hinwies, es sei ein grosses Unglück geschehen, antwortete Churchil: «Wir haben heute genug Truppen und brauchen keine weitere Hilfe. Sie können sich Ihre Divisionen mitnehmen. Wir können auf sie verzichten.»13

Nach diesen Ereignissen erwog General Anders ernsthaft, das Polnische Korps aus der Frontlinie zurückzuziehen, weil er – wie er feststellte – «zum jetzigen Zeitpunkt vom polnischen Soldaten nicht noch ein weiteres Blutvergiessen erwarten könne»14. Doch das britische Armeekommando in Italien beurteilte die Situation anders als Churchill und befand, dass dies ein grosser Fehler wäre. Es sei aus operativen Gründen unmöglich, auf das Polnische Korps zu verzichten. So entschied der General, seine Leute an der Front zu belassen. Sein Pflichtbewusstsein als Soldat, Seite an Seite mit den Alliierten weiter zu kämpfen, bis das 3. Reich vollständig besiegt ist, und der Glaube, dass die Frage der Unabhängigkeit Polens nach Kriegsende doch noch fair und ehrenhaft gelöst würde, waren stärker. Dank seinen charismatischen Appellen gelang es ihm, seine Offiziere und Soldaten davon zu überzeugen, den Kampf gegen den Faschismus fortzusetzen, und noch im Frühjahr nahm das 2. Korps an der letzten alliierten Offensive in Italien teil.

Die alliierten Streitkräfte nahmen am 9. April ihre Kampfhandlungen wieder auf und setzten ihren Vormarsch in Richtung Bologna fort. Der Sektor zwischen Castel Bolognese und Solarolo wurde dem 2. Polnischen Korps zugeteilt. Das bedeutete, dass sich die Polen mitten auf der Via Emilia und damit im Zentrum der härtesten Kämpfe befanden. Der Rest der alliierten Truppen übernahm die Aufgabe, die deutschen Truppen von den Seiten in die Zange zu nehmen. Der Widerstand der deutschen Wehrmacht war zu Beginn massiv. Dennoch rückten die Soldaten des 2. Korps jeden Tag vor, schlugen drei feindliche Divisionen und bezwangen Flüsse und Kanäle, die von den Truppen des 3. Reiches perfekt befestigt und verbissen verteidigt wurden. Am frühen Morgen des 21. April 1945 marschierte schliesslich ein Bataillon der 3. Karpatischen Schützendivision als erste militärische Einheit kampflos in Bologna ein. Zwei Stunden später folgten die Amerikanische und die Britische Armee. Der Durchbruch der Verteidigung der Stadt und die Umzingelung der deutschen Truppen hatte einen entscheidenden Einfluss auf die weiteren Kämpfe in Italien. Die Einkesselung der Wehrmachtssoldaten in Bologna verhinderte, dass sie sich an den Po zurückziehen konnten, wo sie eine weitere Verteidigungslinie vorbereitet hatten. Am 28. April kapitulierten die deutschen Truppen in Italien. Das Hissen der polnischen Flagge auf dem Rathaus von Bologna war das symbolische Ende der erfolgreichen Kämpfe des 2. Polnischen Korps an der italienischen Front mit 11’379 Opfern, darunter 2’301 Toten.

Dabei spielten nicht nur die Kampfverluste eine Rolle. Der Krieg hinterliess schmerzhafte Spuren in der Psyche vieler Soldaten, darunter wohl auch bei meinem Vater… In seinen Erinnerungen nach vielen Jahren beschrieb er die Grausamkeit und Sinnlosigkeit des Krieges, so zum Beispiel eine Episode kurz vor dem Ende des Krieges, als ihm befohlen wurde, eine besondere, gefährliche Operation durchzuführen (dem frischgebackenen Offizier gebührt die Gelegenheit, sich eine Auszeichnung zu verdienen). Bei dieser Operation wurde ein deutscher Soldat durch eine Maschinengewehrsalve getötet. An den grauenhaften, schrecklichen Schrei dieses tödlich getroffen Menschen erinnerte sich mein Vater, er prägte sich tief in sein Gedächtnis ein: «War es das Tapferkeitskreuz wert, welches mir wirklich verliehen wurde?».15


Fussnoten

1  W. Anders, Ohne das letzte Kapitel (Bez ostatniego rozdziału), London 1959 (Ausg. 3), S. 178

2  J. Pył (T. Wojnarski), Erzählungen aus der späteren Jugend (Opowiadania z późniejszej młodości), unpublizierter Maschinenscript, 1998, zit., S. 15

3  W. Anders, Ohne das letzte Kapitel (Bez ostatniego rozdziału), London 1959 (Ausg. 3), S. 193

4  J. Pył (T. Wojnarski), Erzählungen aus der späteren Jugend (Opowiadania z późniejszej młodości), unpublizierter Maschinenscript, 1998, zit., S. 20

Ebd., S. 18

6  W. Anders, Ohne das letzte Kapitel (Bez ostatniego rozdziału), London 1959 (Ausg. 3), S. 224

Schlacht um Ancona – der Erfolg der Soldaten des General Anders, [In:] [https://histmag.org/Bitwa-o-Ankone-sukces-zolnierzy-generala-Andersa-9787] – Zugriff: 08.09.2020

8  J. Zuziak, Polnische Streitkräfte im Westen (Polskie Siły Zbrojne na Zachodzie), [In:] Internetowy Polski Słownik Biograficzny, https://www.ipsb.nina.gov.pl/a/artykul/polskie-sily-zbrojne-na-zachodzie; Zugriff: 25.07.2020

J. Pył (T. Wojnarski), Erzählungen aus der späteren Jugend (Opowiadania z późniejszej młodości), unpublizierter Maschinenscript, 1998, zit., S. 26

10  Ebd., S. 29

11  Zit. nach Z. Załuski, Historischer Passierschein: Skizzen auf Soldatenwegen in der Zeit des Zweiten Weltkriegs (Przepustka do historii: Szkice o żołnierskich drogach czasu II wojny światowej), Warszawa 1979, S. 366

12  W. Pobóg-Malinowski, Neuste politische Geschichte Polens (Najnowsza historia polityczna Polski), Teil 2, Band 2, London 1983, S. 256

13  W. Anders, Ohne das letzte Kapitel (Bez ostatniego rozdziału), London 1959 (Ausg. 3), S. 31514  W. Pobóg-Malinowski, Neuste politische Geschichte Polens (Najnowsza historia polityczna Polski), Teil 2, Band 2, London 1983, S. 845

15  J. Pył (T. Wojnarski), Erzählungen aus der späteren Jugend (Opowiadania z późniejszej młodości), unpublizierter Maschinenscript, 1998, zit., S. 31

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